Homosexualität und Neurose

Es ist das Recht der Jugend zu rebellieren und sich mit den Minderheiten zu identifizieren. Dementsprechend habe auch ich vor 20 Jahren für die Abschaffung des Paragraphen 175 Wort ergriffen. Auch heute plädiere ich für Toleranz und das Recht eines jeden auf seine Lebensform, soweit sie die Freiheit und Würde des anderen berücksichtigt.

Eine Zeiterscheinung macht mir jedoch zunehmend Sorge, nämlich die Ideologisierung der Homosexualität. Hierunter verstehe ich das Propagieren von Vorstellungen und Lebensinhalten, die aus psychoanalytischer Sicht als Abwehr und Projektion unbewältigter Entwicklungsstörungen dienen. Während sich die Homosexuellen früherer Zeit vielfältigen Unterdrückungsmechanismen ausgesetzt sahen und ihre Sexualität nur unter Angst vor straflicher Verfolgung ausüben konnten, sorgt die homosexuelle Emanzipationsbewegung für einigen Wirbel. Sie propagiert lauthals und stolz ihre Art von Sexualität, die sie als natürlich und angeboren und als nachahmenswert betrachtet.


Gesundheit und Moral

Psychiatrie hat mit Moral zu tun. Moral hat die Funktion, ungebärdige Triebkräfte zu regulieren. Wird die Moral zu streng, leidet der Mensch. Wird die Moral zu lasch, leidet er gleichfalls. Was nun das gesunde Mittelmaß an Moral sei, bestimmt einerseits jeder Mensch für sich selbst, andererseits muß die Menschheit verbindliche Regeln aufstellen, damit sie miteinander leben kann. So hat die Menschheit sich vor Auswüchsen des Trieblebens zu schützen gesucht, indem sie die Gesetze und die Strafen eingeführt hat. Die Moral des Einzelnen verdichtete sich mehrheitlich und gewissen Machtverhältnissen entsprechend zu einem allgemeingültigen moralischen Konsens.

Wir haben alle eine ganz bestimmte Vorstellung von körperlicher Gesundheit, die sich auf der ganzen Welt ähneln dürfte. Schmerzfreiheit und eine weitgehend uneingeschränkte Funktionsfähigkeit aller Organe gehören zur Definition körperlicher Gesundheit. Warum sollte auf seelisch-moralischem Gebiet nicht gleichfalls eine dem Menschen innewohnende Norm zu eigen sein? Ich gehe davon aus. Daß es selbstverständlich Normabweichungen, tragische Schicksale und überaus glückliche Lebensläufe gibt, ist eine Bedingung des Daseins. Moralvorstellungen sind genauso wie der Körper äußeren Einflüssen und Veränderungen unterworfen, die wie bei der körperlichen Krankheit zu seelischen Störungen führen können. Wir alle sind uns darüber einig, daß die Angstneurose z. B. oder die Depression seelische Störungen sind. Diese Menschen erkranken nicht deswegen, weil die Gesellschaft sie nicht in Ruhe mit ihrer Angstneurose oder Depression leben läßt, sondern weil sie unter sich selber leiden. Die Homosexuellen haben über lange Zeit in unserer Gesellschaft unter moralischer Ächtung und Verfolgung gelitten. Bei aller Selbstdarstellung und Selbstsicherheit, die sie inzwischen zur Schau stellen, haben sie doch in erheblichem Maße Schwierigkeiten mit sich selber, auch wenn sie es nicht wahrhaben wollen. Homosexualität ist im wesentlichen neurotisch bedingt, obwohl der Zeitgeist das Gegenteil behauptet. Um das Thema Homosexualität ist in der psychiatrischen Literatur Ruhe eingekehrt, weil viele Psychiater nicht mehr den Mut haben, die Homosexualität als Neurose hinzustellen. Ausdruck dieser Haltung ist die Entfernung aus dem ICD 10 der WHO.


Homosexualität und Treue

Mir ist kein Homosexueller bekannt, der in der Lage ist, auf Dauer treu zu sein. Homosexuelle sind allzu oft auf der suchtartigen Suche nach Glück, nach Verschmelzung, nach Verliebtheiten und dem absoluten orgastischen Erlebnis. Wenn Homosexuelle miteinander Partnerschaften eingehen, haben sie Abmachungen untereinander, daß sie fremdgehen dürfen. Treue in der Partnerschaft ist aber ein wesentliches Zeichen menschlicher Reife. Das Sich-immer-wieder-einlassen auf Verliebtheitsabenteuer entspringt der Angst vor Nähe und Bindung, der Homosexuelle erliegen. Die Äußerung vieler Homosexueller "ich bin homosexuell und das ist völlig normal" überzeugt nur scheinbar. Dann hätten aber auch andere sexuelle Ausdrucksformen, wie das Transvestitentum, der Fetischismus oder der Sadomasochismus keinen Krankheitswert. Die Gesellschaft muß sich darüber im klaren sein, welcher Moral sie zustimmt und wo eine Grenze dessen erreicht ist, wann das Krankhafte und nicht Erwünschenswerte beginnt. Wenn Homosexuelle das Recht erhalten, nach dem Gesetz zu heiraten, so haben die Homosexuellen ihren seelischen Defekt vor dem Gesetzgeber bravourös verborgen. Der Sinn der Heirat wird in der Untreue, zu der Homosexuelle mehr als Heterosexuelle neigen, pervertiert. Das Leiden der Homosexuellen an ihrer Untreue, an ihrer Suche nach sexuellen Abenteuern entspricht nicht den Wert- und Moralvorstellungen des reifen Menschen. Es bleibt natürlich jedem selbst überlassen, ob er sich mit seiner Neurose auseinandersetzen und ob er den Weg der menschlichen Reifung gehen will.


Die Toleranz gegenüber dem neurotisch erkrankten Menschen und gegenüber dem anders Lebenden und anders Glaubenden ist eine hohe Errungenschaft. Sie kann jedoch nicht dazu führen, daß es auf dem Gebiet der Sexualität, der partnerschaftlichen Treue und Beziehungsfähigkeit in unserer Gesellschaft an Idealen zu mangeln beginnt. Wie leicht junge Menschen durch Bücher, durch Zeitschriften und Fernsehen irregeleitet werden können, besonders in der Zeit ihrer Identitätssuche, ist uns wohlbekannt.


Identität und Sexualität

Bei der Suche nach sich selbst spielt die sexuelle Identität eine wichtige Rolle. Die Identitätssuche wird für labil Veranlagte und in ihrer sexuellen Identität nicht sicher verankerte Jugendliche durch fehlende oder verwirrende Normen erschwert. Der Weg der Homosexualität ermöglicht vielleicht eine komplikationslos ausgelebte Sexualität. Homosexualität bleibt aber in Bezug auf die Beziehungsfähigkeit nur eine Hilfe, eine neurotische Konstruktion, die wie ein Pflaster tiefere, seelische Wunden verdeckt. Familiäres Glück, Erfüllung in einer Familie mit all ihren Nöten und besseren Stunden findet der Homosexuelle nicht. Er bleibt Zeit seines Lebens "ein Verzauberter" ein Wanderer zwischen den Partnern. Während er die große Liebe sucht, stürzt er sich in kurzlebige Abenteuer, die sich gleichen und immer nach demselben Muster ablaufen. Der Verliebtheit folgt der Verdruß, dann die Kündigung der Freundschaft. Die Angst vor Nähe, die Angst, sich liebend und streitend mit einem dauerhaften Partner auseinanderzusetzen, die Unfähigkeit, sich von einem identitätszerstörenden elterlichen Besitzanspruch zu befreien kennen wir auch bei dem Don Juanismus der Heterosexuellen. Während die sexuelle Befreiungswelle der sechziger und siebziger Jahre nun zu einer gewissen Ernüchterung geführt hat und zu der Erkenntnis, daß die rein sexuelle Beziehung und das Ausleben des Sexualtriebes suchtartig entgleisen können, dreht sich das hedonistische Karussell der Selbstfindung und des Auslebens bei den Homosexuellen weiter. Nun fordern sie Heirat und Versorgungsansprüche. Das Leiden, das hinter den Betrügereien und dem Fremdgehen in der homosexuellen Beziehung steht, die Verbiegungen und Verdrehungen, um dieses Leiden zu verbergen und als Glück hinzustellen, sind in der homosexuellen Szene zwar häufig zu beobachten, sie werden in den Medien jedoch nicht beschrieben und veröffentlicht.

Das Phänomen der Homosexualität ist nicht allein auf die Homosexuellen beschränkt, sondern spielt auch in der Psychotherapie Heterosexueller eine Rolle. Homosexuelle Vorstellungen und Trauminhalte weisen auf die Suche nach dem Männlichen hin und nach dem väterlichen Prinzip, das oft gefehlt hat.

Es ist nicht geklärt, warum bei ähnlicher, frühkindlicher, pathogener Familienstruktur der eine vorwiegend eine Neurose entwickelt, der andere eine psychosomatische Erkrankung oder eine Sucht, während andere später sexuelle Störungen aufweisen. Der Streit, ob die Homosexualität vererbt sei oder eine Neurose, erübrigt sich, wenn man bedenkt, daß Erbanlage und Umwelt immer günstige oder ungünstige Wechselwirkungen miteinander eingehen. Dabei ist es vom moralischen Standpunkt her nebensächlich, was zuerst dagewesen ist: die Neurose oder die Veranlagung.

Wer die Macht elterlicher Bindungen und Zuschreibungen kennt, die Gewissensnöte, die auftreten, wenn sich ein Patient von den Eltern zu lösen versucht; wer um die Abwehrmechanismen, den Widerstand Bescheid weiß und um die Psychodynamik der Homosexualität, der wird Verständnis und die Weisheit über die Unüberwindbarkeit mancher neurotischer Strukturen haben. Er sollte aber seine Erkenntnisse nicht nach dem Zeitgeist richten.

 

Erschienen in: TW Neurologie Psychiatrie 3 (1992), S. 101-102

 

Eine Fülle wissenschaftlicher Literatur zu diesem Thema findet sich in dem Artikel: "Homosexualität und Entwicklung" im Buch "Steuerrecht des Lebens", Novum Verlag, Wien, München, Horitschon (2006), S. 192-231

 

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